Der Hauptgrund für meinen ersten Wurf mit Tess war der Wunsch, mir einen Nachwuchshund heranzuziehen. Auch wenn ich meine Hündin wunderschön finde, so steht für mich doch ihre Arbeitsfähigkeit zusammen mit der Gesundheit im Vordergrund. Deshalb züchte ich in der ABCD, dem zuchtbuchführenden Verein für den arbeitenden Border Collie in Deutschland. Die Welpen werden bei der International Sheepdog Society (ISDS) registriert.
Die instinktive Fähigkeit mit Vieh zu arbeiten ist ein komplexes Zusammenspiel vieler Verhaltensweisen. Diese Fähigkeit zu erhalten und wenn möglich sogar immer weiter zu verbessern ist das Ziel bei der Zucht des arbeitenden Border Collies. Wegen ihrer Komplexität ist es schwer, diese Arbeitsfähigkeit züchterisch gezielt zu beeinflussen. Viel Auge plus wenig Auge ergibt nicht unbedingt mittelviel Auge. Verpaart man zwei Champions kommen nicht automatisch wieder Champions heraus. Und genau wegen dieser Komplexität verliert sich die Arbeitsfähigkeit auch sehr schnell, wenn nur nach äußerem Erscheinungsbild selektiert wird.
Neben den instinktiven Fähigkeiten im Umgang mit Vieh sind das Temperament und die Trainierbarkeit der Hunde wichtige Voraussetzungen. Die Hunde sollen "will to please" haben, selbstständig arbeiten können und trotzdem exakt auf Kommandos reagieren. Sie sollen sofort voll da sein, wenn sie gebraucht werden, ohne jedoch rund um die Uhr unter Strom zu stehen.
Doch arbeits- und leistungsfähig ist ein Hund selbst mit den besten Anlagen nur, wenn er auch gesund ist. Für die Zuchtzulassung sind folgende Gesundheitsuntersuchungen Voraussetzung: Röntgen auf HD (Hüftgelenkdysplasie) sowie die Augenuntersuchung auf CEA (Collie Eye Anormalie), PRA (progressive Retinaatrophie) und Katarakt.
Weitere empfehlenswerte Untersuchungen:
Leider hat der Border Collie eine erhöhte Prädisposition für Epilepsie. Da die Vererbung dieser Erkrankung noch nicht vollständig erforscht ist und vermutlich viele Gene daran beteiligt sind, ist es nicht so einfach, sie durch Zuchtmaßnahmen einzudämmen. Selbstverständlich sollten erkrankte Hunde nicht in die Zucht kommen, doch ob und in welchem Ausmaß auch Verwandte von erkrankten Hunden von der Zucht ausgeschlossen werden sollten, wird kontrovers diskutiert.
Eine Forschungsgruppe der Uni München empfiehlt, kein vollständiges Zuchtverbot für diese verwandten Hunde auszusprechen, da ansonsten durch die enorme Verkleinerung des Genpools andere Krankheiten in den Vordergrund treten könnten. Es wird lediglich empfohlen, Verpaarungen, die Epileptiker hervorgebracht haben, nicht zu wiederholen.
Zu meinem großen Entsetzen ist nun gleich bei meinem ersten Wurf mein persönlicher Super-GAU eingetreten: Nox hat Epilepsie. Damit sind nun bis auf Weiteres meine Zuchtpläne auf Eis gelegt, denn ich werde mit Tess keinen Wurf mehr machen. Die Gefahr, in einem zweiten Wurf ebenfalls einen erkrankten Welpen zu haben, ist mir zu groß. Juli sollte wegen ihrer OCD sowieso nicht in die Zucht.
Da ich nicht mehr als drei Hunde halten möchte, wird eine neue Zuchthündin erst in ein paar Jahren einziehen können.